Thema Cage

John Cage / Arnold Schönberg / Zen-Buddhismus / „Vortrag über Etwas“ / „Vortrag über Nichts“ / „45 Minuten für einen Sprecher“ / „Der Zufall als Sprung über die Reichweite des eigenen Selbst hinaus“

Zufall, 2016

Die neuen Arbeiten thematisieren John Cage als Person und kreisen um dessen Themen Raum und Stille, um Struktur und Zufall. Unter den Papierarbeiten, die speziell für diese Ausstellung entstanden sind, befindet sich auch ein großformatiges Triptychon. „Horizont“ lässt Lebenszeit im Fluß aufscheinen, von der Kindheit über die Abkehr von traditioneller Notation bis zum Zufall und der Vision einer globalen Möglichkeit von Musik, die bei Cage das Wahrnehmen und Produzieren von Klängen bedeutet. Wir sehen Cage in unterschiedlichen Lebensaltern, umgeben von Begriffen und handgeschriebenen Zitaten, die assoziativ in das Triptychon übertragen sind.

Nachdem Cage u.a. bei Arnold Schönberg Komposition studierte, traf er die Entscheidung, seinen Werkbegriff maßgeblich durch Zufallsverfahren bestimmen zu lassen, angeregt durch die Beschäftigung mit östlicher Philosophie und Religion. Hinzu kam eine Faszination für die Absichtslosigkeit, die im Zen-Buddhismus eine zentrale Rolle spielt; daraus resultierte das bewusste Ausschalten einer subjektiven Entscheidung des Künstlers, die ihn und die zeitgenössische Musik in bislang unbekannte Formen und Inhalte führen sollte.

Wie kann man Zeit visualisieren? In „Raum/Zeit 45´“ durchschreitet John Cage als Figur einen Zeitraum, der eine Spanne von 45 Minuten sichtbar macht. Es ist die Visualisierung der Idee von Cage, seine Vorträge wie Partituren zeitlich zu strukturieren. Im Zentrum verdichtet sich hier der Zeitraum um die Figur des Vortragenden, also um Cage selbst, und lässt ihn als Individuum nur noch erahnen. Dieser Raum-Struktur liegt der Text von Cage „45 Minuten für einen Sprecher“ zugrunde, in dem er erwähnt, „ich arbeite jetzt daran ohne Diagramme zu arbeiten, ohne irgendeinen Halt im totalen Raum.“

Kann man Zufall denken und sichtbar machen? Waldachs Raumzeichnung Stille und Zufall visualisiert zentrale Begriffe in der Anschauung und im Werk von John Cage. Ausgehend von dem schmalen schwarzen Raum mit dem Titel „Stille“ zieht sich ein Gedankensystem von Begriffen wie eine dreidimensionale schwarze Notation in den weißen Ausstellungsraum. Eine vielstimmige Struktur wird sichtbar, die der Rahmen für den einzelnen roten Faden ist, der wie zufällig jedes Element des physischen Raumes berührt. Ausgehend vom „Raum der Stille“ läuft dieses Zufallsprinzip in den weißen „Gedanken-Raum“, um neben dem System der schwarzen Verspannung eine eigene Bewegung sichtbar zu machen. Der rote Faden springt durch den physischen Raum, um ihn schließlich auf der gegenüberliegenden Wand zu verlassen. Zurück bleibt an dieser Stelle die Äußerung von Cage: „Der Zufall als Sprung über die Reichweite des eigenen Selbst hinaus“.

BW

Zeitraum, 2016
Graphit, Gouache, Pigmentstift auf Bütten
146 × 140 cm

Horizon (Triptychon), 2016
Gouache, Pigmentstift auf Bütten
170 × 420 cm
Sammlung Wemhöner, Berlin / Herford

Part of… 2016
Graphit, Gouache auf Bütten
Je, 56 × 38 cm
Privatsammlung, Hamburg

Noise (Diptychon), 2016
Graphit, Gouache auf Bütten
Je, 56 × 38 cm
Privatsammlung, Hamburg

Birds for Cage I – This Other Thought, 2017
Graphit, Gouache auf Bütten
146 × 140 cm

Birds for Cage II – Unintended Sounds, 2017
Graphit, Gouache auf Bütten
170 × 140 cm

Birds for Cage II – ... unintended Sounds

„In a Space where People are free To Move and Birds to Fly.“ – John Cage

Wie wäre es, wenn wir den Rhythmus einer Idee bzw. die zentralen Begriffe von John Cages Musik- und Lebensmodell auch hören könnten? Die Idee würde Cage sicher gefallen.
Was auf den ersten Blick aussieht wie markierte Flugbahnen sinkender und steigender Vögel, ist tatsächlich die in Morsezeichen kodierte Begriffswelt des Komponisten John Cage. Diejenigen, die in der Lage sind, diese zu dechiffrieren, lesen hier Begriffe wie rhythm, silence, noise, sound, repetition… Für anderen bleiben die Zeichen so inkonkret wie manche der abstrahierten hellen Vögel.
In Cages Werk tauchen wiederholt Vögel als Motiv auf, als Tierstimmen ebenso wie als paraphrasierende Begriffe, die sich spielerisch auf seinen Namen beziehen: Birds – Cage. Die weißen Texte in Schreibschrift in der oberen Bildhälfte sind allgemeine Kommentare von Cage zu seinem Werk und zur Welt, zitiert aus dem Interviewbuch „Birds“. Diese Aussagen treffen unmittelbar auf die senkrechten roten Begriffe, die von mir ins Morsealphabet übersetzt wurden. Volle senkrechte Balken im unteren Bildfeld werden zu einer Art Takt- oder Rhythmusstab.
Ein freier Raum entsteht, in dem Menschen wieder frei denken und Vögeln fliegen können.

BW

Birds for Cage III – Music (not Composition), 2017
Graphit, Gouache auf Bütten
174 × 280 cm

History Now – Music III, 2017
Gouache, Pigmentstift auf Bütten
175 × 145 cm